Als die ersten Ölfeuer am Horizont Kuwaits aufloderten, ahnte noch niemand das apokalyptische Ausmaß der kommenden Verwüstung. Im Januar 1991 — während sich der Rückzug der irakischen Truppen abzeichnete — setzte Saddam Hussein seinen perfiden Plan in die Tat um: Die systematische Zerstörung der kuwaitischen Ölinfrastruktur sollte sich zur verheerendsten Umweltkatastrophe der modernen Geschichte entwickeln.
Feuer und Strategie
Die Befehle kamen direkt aus Bagdad: Speziell ausgebildete Einheiten der irakischen Armee begannen am 21. Januar 1991 mit der systematischen Sprengung der Ölquellen. Von den insgesamt 940 aktiven Förderstellen wurden 732 Quellen sabotiert — 600 davon in Brand gesetzt, die übrigen so manipuliert, dass Öl unkontrolliert in die Wüste und den Persischen Golf floss.
Die Zerstörung folgte einem ausgeklügelten Plan. General Amir Al-Saadi, einer der führenden Strategen Husseins, hatte die Operation minutiös vorbereitet. Die Kuwait Oil Company schätzt, dass täglich 4 bis 6 Millionen Barrel Öl verbrannten oder versickerten — eine Menge, die dem sechsfachen Tagesverbrauch Deutschlands entspricht.
Die Motivation hinter dieser Umweltzerstörung war ebenso brutal wie kalkuliert: Die brennenden Ölfelder sollten den Vormarsch der Koalitionstruppen behindern und gleichzeitig Kuwaits wichtigste Ressource vernichten — eine Strategie der »verbrannten Erde« im wahrsten Sinne des Wortes.
Hölle auf Erden
Die Auswirkungen waren apokalyptisch. Schwarze Rauchsäulen verdunkelten den Himmel bis in 4.000 Meter Höhe. Die Temperaturen in der Nähe der Brände erreichten 1.000 Grad Celsius. Der BBC-Korrespondent John Simpson beschrieb die Szenerie als »Dantes Inferno in der Wüste«.
Die Luftverschmutzung erreichte beispiellose Ausmaße. Wissenschaftler des Woods Hole Oceanographic Institution maßen Kohlenstoffkonzentrationen, die das 800-fache der normalen Werte erreichten. Der »schwarze Regen« — eine toxische Mischung aus Öl und Ruß — fiel bis in den Iran und die Türkei.
Die unmittelbaren Folgen für die lokale Bevölkerung waren verheerend. In Kuwait City wurde am Mittag Straßenbeleuchtung benötigt, weil die Rauchschwaden das Sonnenlicht blockierten. Atemwegserkrankungen stiegen um 600 Prozent, wie das Kuwait Environmental Protection Council dokumentierte.
Die Helden von Red Adair
Die Bekämpfung der Brände entwickelte sich zu einer der größten technischen Herausforderungen des 20. Jahrhunderts. Der legendäre Ölbrand-Experte Paul »Red« Adair führte ein internationales Team von 27 Spezialeinheiten an — darunter Experten aus den USA, Kanada, Iran, Ungarn und der Sowjetunion.
Die Löscharbeiten erforderten innovative Techniken. Die Garrett Corporation entwickelte speziell modifizierte MIG-21-Triebwerke, die mit ihrem Schubstrahl die Flammen »wegbliesen«. Ungarische Ingenieure konstruierten den »Big Wind« — einen T-34 Panzer, ausgestattet mit zwei MIG-15-Triebwerken und Wasserkanonen.
Die Kosten der Löscharbeiten beliefen sich auf 1,5 Milliarden US-Dollar. Erst am 6. November 1991 — 261 Tage nach Beginn der Katastrophe — konnte der letzte Brand gelöscht werden. Die Kuwait Oil Company bezeichnete die Operation als »größte Brandbekämpfung der Geschichte«.
Ökologisches Erbe
Die langfristigen Umweltschäden sind bis heute spürbar. Wissenschaftler der University of Bahrain dokumentierten 2018 noch immer erhöhte Schwermetallkonzentrationen in Bodenproben. Die »Ölseen« in der Wüste bedecken eine Fläche von 49 Quadratkilometern.
Die Weltbank schätzt den direkten wirtschaftlichen Schaden auf 85 Milliarden US-Dollar. Die indirekten Kosten durch Gesundheitsschäden und Umweltzerstörung werden auf weitere 108 Milliarden beziffert. Die United Nations Compensation Commission verpflichtete den Irak zu Reparationszahlungen, die bis 2024 andauern werden.
Die genetischen Folgen sind alarmierend: Eine Studie des Kuwait Cancer Control Center von 2015 zeigt eine um 300 Prozent erhöhte Rate bestimmter Krebsarten bei Menschen, die 1991 der Luftverschmutzung ausgesetzt waren.
Mahnmal der Moderne
Die kuwaitischen Ölfeuer bleiben ein düsteres Symbol für die Verbindung von Krieg und Umweltzerstörung. Der UN-Umweltrat verwendet den Fall als Präzedenz für die Definition von »Ökozid« als Kriegsverbrechen.
Die Katastrophe führte zur Entwicklung neuer internationaler Umweltschutzprotokolle. Das »Environmental Modification Convention« wurde 1996 erweitert, um die vorsätzliche Umweltzerstörung als Kriegswaffe explizit zu ächten.
Die schwarzen Regentage von Kuwait mahnen bis heute: In einer Welt, die zunehmend um Ressourcen und Macht ringt, könnte die systematische Umweltzerstörung als Kriegswaffe wieder relevant werden — eine Perspektive, die angesichts aktueller geopolitischer Spannungen beunruhigend erscheint.